Lautlose Alternativkommunikation
Bisweilen sieht man Freundespaare,
die das Sprechen nicht für bare
Münze nehmen und stattdessen
schweigend ihre Zeit vergessen.
Sie sprechen doch auf andren Wegen,
indem sie ihre Finger regen.
Diese Form des Sprechens ist
sehr anspruchsvoll – das ist kein Witz.
Wie jeder Daumen überflink
von W nach Ö und Q so springt,
meint man fast: Es treibt sie Eile
an, nicht Langeweile.
Und leuchtet hell der Display-Glanz,
ist’s von größter Relevanz.
Schweigend kann man ganze Gruppen
als eloquent zuletzt entpuppen.
Konventionen wolln sie brechen:
Lautlos miteinander sprechen.
Aus Rücksicht wird verbal geschwiegen
und leis’ Beschwieg’nes dann geschrieben.
Kommunikativ ist dieses Schweigen,
denn alles kann man sich ja schreiben.
Rücksicht herrscht, wie wunderbar,
denn so ein Mund ist nicht zum Sprechen da.
Vom Mythos der Begabungen
„Gut macht er das, der ist begabt,
und ich ja nicht!“, klingt’s oft geklagt.
Bisweilen hört man Leute reden,
dass fremder Fleiß sei nichts als Segen.
„Ich kann das nicht, hab kein Talent“,
wird Faulheit dann umbenennt.
Und während einer fleißig übt,
mault der, der’s schnell verschübt.
„Von Natur aus kann der das!
Dem macht Deutsch und Mathe Spaß!“
„Und geigen kann der außerdem“ –
ganz ohne Proben (sehr bequem).
„Diesem dort fällt alles zu,
der braucht zum Lernen nicht mal Ruh’!
Ich hingegen, ohn’ Geschick,
steck allenthalben nur zurück.“
Voll Inbrunst schreit das Untalent,
’dauert sich, da unbehänd.
Und stellt dann auch das Lernen ein.
Der Talentierte ist ein Schwein!
Und einem Sprichwort zum Missfalln,
könn’n Meister doch vom Himmel falln.
Drum lehnt man sich bequem zurück,
denn von allein kommt jedes Glück!